Glossar

Statt von Verschwörungstheorien zu sprechen, verwenden wir den Begriff der Verschwörungserzählung. Dadurch wird deutlich, dass es sich erstmal um eine reine Annahme handelt, die man vielleicht erzählt bekommen hat oder auf die man zufällig im Internet gestoßen ist. Dabei geht es in Verschwörungserzählungen meist um sehr konkrete Geschehnisse oder einzelne Ereignisse, die in der Welt angeblich so passieren oder passiert sind.

Eine Verschwörungserzählung kann immer auch ein Teil einer Verschwörungsideologie sein, vor allem wenn eine Person an viele Erzählungen gleichzeitig glaubt und nicht mehr mit Fakten oder Gegenrede zu erreichen ist.

Der Begriff Theorie stammt aus der Wissenschaft, genau wie der Begriff Hypothese

Wenn ich eine Theorie aufstelle, dann habe ein ernsthaftes Interesse etwas herauszufinden. Der Weg zum Ergebnis ist offen für andere Anregungen, für Quellen und mehr. Es kann also auch sein, dass ich nicht mein gewünschtes Ergebnis bekomme und meine Theorie einfach nicht funktioniert. Das Gute an einer Theorie ist also, dass sie genau dafür da ist: Sie kann widerlegt werden – und das ist auch okay so. 

Alles Lüge und erfunden?

Echte, ganz reale Verschwörungen gab es im Laufe der Geschichte schon viele! Auch heute – und zukünftig – wird es ganz reale Verschwörungen geben. 

Diese sind geheime Verabredungen von zwei oder mehr Personen, um ein bestimmtes Ziel zeitlich und räumlich begrenzt zu erreichen. Dabei geht es meist um den Ausbau von Macht der Verschwörer:innen. 

Beispiele für reale Verschwörungen sind der sogenannte Watergate-Skandal, Geheimdienstoperationen oder Beeinflussungen durch Hacker:innen während politischer Wahlkämpfe. Auch in Zukunft wird es immer wieder ganz reale Verschwörungen geben!

Eine Verschwörungshypothese ist erstmal nur eine Annahme, dass eventuell eine Verschwörung vorliegt. 
Diese Annahme kann überprüft werden, sie ist empfänglich für Fakten und neue Erkenntnisse.

Der Begriff der Hypothese stammt wie auch der Begriff der Theorie, ursprünglich aus der Wissenschaft

Wenn ich eine Hypothese aufstelle und zum Beispiel bei einem Ereignis eine Verschwörung vermute, dann habe ich ein ernsthaftes Interesse herauszufinden, ob dem so ist oder nicht. Das kann auch bedeuten, dass ich zu dem Ergebnis komme, dass es die vermutete Verschwörung nicht gibt und meine Hypothese also nicht bestätigt wird. Im wissenschaftlichen Kontext ist das aber auch völlig okay so.

Anders als Verschwörungserzählungen handelt es sich bei Fake News – auf deutsch Falschmeldungen – um unwahre Behauptungen. Die Erzähler:innen wissen meist ganz genau, dass ihre Aussagen nicht stimmen, sie verfolgen aber damit ganz bestimmte Ziele

Bei Fake News geht es also nicht um ein bestimmtes Weltbild. Meistens erscheinen Fake News als Nachrichtenbeitrag, als Artikel oder als Social-Media-Beitrag, der nicht den Tatsachen entspricht. Fake News werden oft aus politischen oder finanziellen Gründen gezielt verbreitet.

Nichts geschieht durch Zufall?

Eine Verschwörungsideologie meint ein geschlossenes Weltbild, mit dem Menschen sich und anderen die Welt erklären.

Dabei können Menschen an viele verschiedene Verschwörungserzählungen gleichzeitig glauben, die für die Person alle irgendwie zusammenhängen.
Wenn ich an eine Verschwörungserzählung glaube, muss nicht gleich eine Verschwörungsideologie vorliegen. Gleichzeitig kann eine harmlose Verschwörungserzählung der Einstieg in eine Verschwörungsideologie darstellen.

Eine verfestigte Ideologie ist nicht mehr einfach durch Fakten oder Gegenrede widerlegbar – im Gegenteil: Verschwörungsideolog:innen sind gar nicht an einer Überprüfung – wie zum Beispiel in der Wissenschaft – interessiert.

Reptiloiden kontrollieren dein Netflix?

Ein Verschwörungsmythos ist eine Verschwörungserzählung bei der die Verschwörer:innen oder die involvierten Gruppen mythisch oder episch sind – also fiktiv und so nicht real. Oder die mutmaßliche Verschwörung und die ausgemachte Gruppierung dahinter wird zu einer großen, epischen Erzählung, die real ebenfalls so nicht existiert

Die bekanntesten Verschwörungsmythen sind beispielsweise die fiktive – also nicht reale – und antisemitischeJüdische Weltverschwörung“, die die Geschehnisse der Welt angeblich im Geheimen kontrolliert oder absurd wirkende Erzählungen von mächtigen Reptiloiden, also Echsenmenschen oder Aliens.

Antisemitismus = die älteste Verschwörungsideologie der Welt?!

Wenn wir uns etwas genauer mit Verschwörungserzählungen oder sogar Verschwörungsideologien beschäftigen, landen wir schnell bei dem Phänomen des Antisemitismus. Denn diese beiden Themen sind eng miteinander verbunden, auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht nicht immer so scheint.

Antisemitismus und Verschwörungsideologien sind vor allem identisch aufgebaut und sie funktionieren auch gleich – sie haben das gleiche Betriebssystem. Daher wollen wir hier im Glossar vor allem auf diese beiden eng verbundenen Begriffe eingehen. Gleichzeitig spielen Verschwörungsideologien auch bei anderen Diskriminierungsformen wie Antifeminismus oder Rassismus eine Rolle.

Worum geht’s?

Als Antisemitismus wird die Feindschaft gegenüber und die Diskriminierung von Jüdinnen und Juden bezeichnet. Dabei bezieht sich diese Feindseligkeit sowohl auf religiöse als auch rassistische Vorurteile.

Antisemitismus kann in unterschiedlichen Formen auftreten und sich gegen jüdische, aber auch gegen nicht-jüdische Menschen richten. Etwa wenn Personen scheinbare „jüdische Interessen“ unterstützen, oder wenn die Bezeichnung Jude oder Jüdin als Schimpfwort missbraucht wird. 

Dabei hat Antisemitismus leider eine sehr lange Tradition und reicht weit bis in die Antike zurück. Mit dem Holocaust – der Shoah –, dem Massenmord der Nationalsozialist:innen an über sechs Millionen jüdischen Menschen in Europa, erreichte der Antisemitismus seinen traurigen Höhepunkt

Wie zu Beginn erwähnt sind Verschwörungserzählungen in ihrer Struktur antisemitisch: Es gibt auf der einen Seite immer die mutmaßlich bösen und mächtigen Menschen, die die Dinge um uns herum kontrollieren.

Antisemitismus liegt also auch vor, wenn nicht offen von Jüdinnen und Juden gesprochen wird. Der Antisemitismus wird in Verschwörungserzählungen häufig offen geäußert. Noch öfter wird er aber gut getarnt und auf Umwegen kommuniziert, indem zum Beispiel von „den Eliten“, „denen da oben“, der „Finanzelite“ und mehr gesprochen wird.

Wer glaubt denn sowas?

Der Antisemitismus funktioniert also als Weltbild bei der Suche nach einfachen Antworten auf komplizierte Fragen. Zum Beispiel bei wirtschaftlichen Krisen, großen Ereignissen wie 9/11, der Mondlandung oder eben auch bei der aktuellen COVID-19 Pandemie.

Antisemitismus ist dabei eine zentrale Herausforderung für die gesamte demokratische Gesellschaft. Er ist so weit verbreitet, dass er in der gesamten Gesellschaft, unabhängig von politischen Einstellungen, Einkommen oder Bildungshintergrund, vorkommt. 

Er äußert sich Tag für Tag durch gefährliche Verschwörungserzählungen, Erniedrigungen und Beleidigungen in Memes und „Witzen“, Schändungen von Friedhöfen, jüdischen Synagogen und Gedenkstätten bis hin zu körperlicher Gewalt, rechtsterroristischen Attentaten wie in Halle 2019 oder alltäglichen Morddrohungen im Internet.

Weitere Informationen zum Thema Antisemitismus findest du zum Beispiel in diesen beiden Broschüren der Amadeu Antonio Stiftung hier und hier!